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Etappe 1: Porto nach Labruge 25 Kilometer

Am 14. April 2019 stand ich nach einer eher durchwachsenen Nacht um 7 Uhr auf, checkte aus und war schließlich unterwegs zur portugiesischen Kathedrale und damit auch auf der Suche nach meinem ersten gelben Pfeil. Dort wollte ich mir grundsätzlich meinen ersten Stempel für meinen Pilgerausweis holen (den Plan hatten wohl auch vereinzelt andere Pilger), aber ich war eine Stunde zu früh und als ich da so an der Kathedrale verweilte und Fotos machte, beobachtete mich ein Mann um die 30, der wenig später mit offener Hose und seinem Penis in der Hand vor mir stand und fragte: " Excuse me, do you want a great fuck with a portuguese?" Ich war so angewidert, dass ich mit den Worten: "Wahhh nein!" meine Etappe ohne Stempel startete. Der Weg verlief durch kleine grob gepflasterte Gässchen bergab zum Fluss Douro. Dort versorgte ich mich erst einmal mit Frühstück. Die Eisenbrücke fand ich so interessant, dass ich gleich mal einen Abstecher auf die andere Seite machte - ich hatte ja Zeit :-). Am Ufer legte gerade ein kleines Tourismusboot an, aus dessen Boxen eine deutsche Durchsage erklang. Über die Brücke zurück folgte ich nun eine ganze Weile lang den Pfeilen, die am Fluss entlang führten. Das erste Mal war ich total gerührt als ein älterer Portugiese mir auf dem Fahrrad entgegen kam und voller Freunde "Bom Caminho" sagte.

Um etwa 9 Uhr kam ich an einer Art Club vorbei, aus dem laute Musik dröhnte und dort feierwütige, gestylte Menschen ein und aus gingen. Irgendwann gelangte ich an ein Hafengebiet und musste eine Brücke überqueren. An diesem Tag war dort so etwas wie ein Marathon und sämtliche Straßen waren gesperrt und für mich irgendwann die Pfeile nicht mehr sichtbar. Aber ich frug mich einfach durch und kam dann irgendwann zum Strand und somit in Matosinhos an, wo ich mir dann einen Stempel im Tourismuszentrum holte. Matosinhos hat so ein bisschen was von Ballermann, wenngleich nicht soooo belebt. Nach etwas über 10 Kilometern erreichte ich nun die Holzstege, die ich bereits auf zahlreichen Bildern gesehen hatte und ehrlich gesagt dachte, dass ich diese viel früher beschreiten würde. Immer wieder ging ich im Stechschritt an Pilgern vorüber, vernahm auch deutsche darunter, grüßte auch immer mit einem freundlichen Bom Caminho, wollte aber nicht so richtig Kontakt, bis ich Julia aus Mainz kennenlernte. Wir verstanden uns gleich ganz gut, hatten das gleiche Tempo und gingen ein gutes Stück zusammen. Schließlich tranken wir zusammen einen Kaffee in einem wunderschönen Café an der Küste mit riesigen Fensterfronten mit Blick aufs Meer und fühlten uns in unserem Pilgerlook zwar nicht wirklich passend, was uns aber egal war, denn es war schön und schließlich waren wir nicht die einzigen Pilger. In Labruge war mein Etappenziel für den Tag erreicht und wir verabschiedeten uns von einander, da sie wohl erst in Matosinhos gestartet war und noch ein wenig weiter laufen wollte. 

Meine Herberge war eine Straße entlang fernab des Caminos, aber ich fand sie recht bald und war glücklich als dritter Pilger nach 25 Kilometern in meiner Wunschherberge angekommen zu sein. Die öffentliche Herberge war auf Spendenbasis, sauber und hatte warmes Wasser. Die Herbergsleute waren sehr nett. Eigentlich wäre eine ehrenamtliche Frau mit allen, die etwas kaufen wollten, zusammen zum Supermarkt gegangen und wir hätten dort trotz Sonntag etwas kaufen können, aber leider hatte der Supermarkt aus Gründen, die ich nicht mehr genau weiß, doch an diesem Tag nicht geöffnet. Nachdem ich geduscht und meine Wäsche gewaschen hatte, trafen auch Christin aus Schwerin (ich hatte sie zuvor bereits überholt) und Sebastian aus München ein. Zwei wirklich wundervolle Menschen, mit denen ich abends essen ging und wir gute Gespräche hatten. Die Nacht war relativ ruhig, kein wirklicher Schnarcher war unter uns, ausser ein paar Menschen, die nachts auf die Toilette gingen, aber das war alles im Rahmen. 

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Kommentare: 1
  • #1

    Christin aus Schwerin (Donnerstag, 16 Mai 2019 09:36)

    Schöner Eintrag. ;) Ich fand den Abend auch ganz schön und sehr lustig.
    Hoffe du bist wieder gut im Alltag angekommen und hast etwas Ruhe vom Caminho mitgenommen.

    Liebe Grüße